Grit Weber aus Berlin

12. April 2008

Als der türkische Rechtsextremist Mehmet Ali Ağca am 13. Mai 1981 in Rom auf den Papst Johannes Paul II. schoß, war ich noch nicht ganz 10 Jahre alt. Ich kann mich nicht mehr an die damaligen Nachrichten zu diesem Attentat erinnern. Bevor ich "Das Petersplatz-Komplott" von George Tenner zur Hand nahm, wußte ich nur, daß es mal irgendwann ein Attentat auf den Papst gab, sonst war ich völlig unwissend.

Daher war für mich der Einstieg in diesen Thriller recht schwierig, zumal der Autor den Leser umgehend mitten ins Geschehen schubst, denn dem Attentat folgt sogleich die Festnahme des Schützen, der in dem Thriller jedoch Mustafa Karaca heißt. Im anschließenden Verhör geht es heiß her. Der Autor jongliert förmlich mit den Geheimdiensten der Sowjetunion, der DDR, der Türkei und Amerikas. Diese Abkürzungen waren mir ja geläufig, jedoch die Zusammenhänge waren es, die mich erstaunten und gleichzeitig an das Buch fesselten. Verwirrend wurde es aber für mich, als noch etliche Organisationen, mal linksextrem, mal rechtsextrem, thematisiert wurden. Hier verlor ich aus Unwissenheit fast den Überblick, so daß ich mich erst einmal bei Wikipedia schlau machte und dazu noch ein wenig googelte. Das half mir beim weiteren Lesen ungemein. Sehr hilfreich war mir diesbezüglich auch der Anhang im Buch. Den sollte sich Jeder, der ebenso unwissend ist wie ich, als erstes zu Gemüte führen. Man begreift die Zusammenhänge im Thriller dann bedeutend leichter.

Hat man sich eingelesen und die genannten Hürden überwunden, dann kann man ganz in das Geschehen des Buches eintauchen, welches nicht nur das Leben Karaca´s beschreibt und somit aufzeigt, wie er zum Attentäter wurde. Ebenso interessant sind auch andere Figuren, die als Mittelsmänner beim Attentat auch eine Rolle spielen. Erschreckend ist jedoch, daß sie wirklich nur Figuren sind, nämlich Spielfiguren gewisser Geheimdienste, die ganz genau wissen, wie sie Menschen zu manipulieren haben, um ihre Interessen durchzusetzen. Daß diese Figuren oftmals das Zielfeld nicht erreichen und ganz zufällig mal bei einem Unfall ums Leben kommen, zeigt die Skrupellosigkeit der Geheimdienste. Es zeigt dem Leser, wie schmutzig doch das Geschäft namens Politik ist. Nahe liegt dann die Vermutung, daß es kaum einer Regierung wirklich um das Wohl seines Volkes geht. Es dreht sich alles nur um Macht und Geld. Soll das wirklich die traurige Wahrheit unseres Daseins sein?

George Tenner beschreibt in diesem Thriller das Papstattentat und die Hintergründe, wie es dazu kam und wem es genützt hätte, wäre es erfolgreich gewesen. Dabei hielt er sich stets an das wahre Geschehen. Das machte den Thriller für mich nicht nur unheimlich interessant, sondern auch sehr lehrreich. Einige erwähnte politische Ereignisse dieser Zeit waren mir nämlich noch sehr gut in Erinnerung. Durch die Neuigkeiten, die mir das Buch vermittelte, sehe ich nun so Einiges in einem anderen Licht und ich habe für mich neue Zusammenhänge erkannt.

Das Buch ist aber nicht nur eine politische Abhandlung in Romangestalt. Es ist ein sehr interessant gestrickter Thriller mit vielen lebendigen Dialogen, die Schwung in die Fülle an Informationen bringen. Es gibt viele zwischenmenschliche Beziehungen, die einen zum Nachdenken anregen. Dabei geht es natürlich auch um die Religionen. Man guckt den Katholiken ebenso über die Schulter, wie den Islamisten. Auch wenn es in dem Buch um 1981 und die Jahre davor geht, viele dieser Themen sind auch heute noch aktuell, eventuell sogar aktueller, als je zuvor, weil sie einen jetzt, knapp 30 Jahre später, viel direkter berühren.

Es gibt in dem Thriller natürlich auch einige Schauplatzwechsel. So befindet man sich mal in der Türkei, mal in Deutschland (sowohl Ost und West), dann natürlich in Italien und ganz speziell auch im Vatikan. Es werden aber auch politische Ereignisse in Polen angesprochen. Da diese Szenenwechsel meist auch mit bestimmten Personen verbunden sind, kann man dem Geschehen im Buch stets folgen.

Zeitgeschichtlich und aktuellpolitisch ist "Das Petersplatz-Komplott" schon fast eine Pflichtlektüre. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den ganzen Geheimdiensten und Organisationen faßte ich Fuß und verlor bis zum Ende hin nicht mehr den Halt. Das Buch fesselt den Leser, der angetrieben vom flüssigen Schreibstil innerlich stets zum Weiterlesen gezwungen ist. Der immer größer werdende Personenkreis bleibt dennoch übersichtlich und man kann die einzelnen Personen, trotz verzwickter Beziehungen, stets zuordnen. Auch wenn es immer wieder neue Zusammenhänge gibt, die gelüftet werden, so ist man doch erstaunt, wie verblüffend das Ende des Buches ist. Es läßt einen mehr als nachdenklich zurück. Und ich bin mir sicher: wer dieses Buch liest, wird das Gelesene nicht mehr vergessen...

Aber "Das Petersplatz-Komplott" wäre kein Tenner-Buch, wenn der Autor nicht eine seiner Leidenschaften mit hineinschreiben würde. Ich glaubte schon, es kommt nicht mehr, doch dann auf Seite 345 war es zu lesen: ein Rezeptvorschlag des Autors und Hobbykochs. Das fand ich ja schon bei den beiden anderen Büchern so neckisch. Für mich gehört dieser Einschub ganz einfach dazu, vor allem weil er gerade in diesem Buch mit sehr ernstem Thema ein kleines Lächeln ins Gesicht des Lesers zaubert...

Im Nachhinein kann ich mein Zögern, dieses Buch zu lesen, verstehen. Der Einstieg fiel mir ja nun auch wirklich nicht leicht. Doch jetzt bin ich froh, es gelesen zu haben. Es hat mich zwar auch unterhalten, aber vielmehr hat es große Wissenslücken bei mir geschlossen, so daß ich Vieles nun mit anderen Augen sehe.

Und somit empfehle ich dieses Buch natürlich. Allerdings ist es nicht für Jedermann was, denn man sollte sich schon für die Thematik interessieren. Außerdem ist es ein sehr anspruchsvoller Thriller, den man nicht nur der Unterhaltung wegen lesen sollte.

Dagmar Hartmann aus Berlin

6. März 2008

Der Roman vermittelt einen Einblick in politische Hintergründe, Intrigen, Machenschaften verschiedener Geheimdienste auf europäischer Ebene, die zu der Verschwörung des Papst-Attentates führen.

Es beginnt mit der Person, die das Attentat auf den Papst durchführen soll vor der unmittelbaren Aktion bis zu dessen Verhaftung. Dabei gehen dem Täter die Gedanken durch den Kopf, die dazu geführt haben, ein Killer geworden zu sein. Die vorbereitenden Maßnahmen zum Attentat bis zur seiner Durchführung werden aus der Perspektive des Täters aufgezeigt.

Im weiteren Verlauf wird die Geschichte praktisch rückwärts erzählt. Wie wurde der Attentäter zu einem skrupellosen Killer, welche Einflüsse haben dazu geführt. Dabei spielen vor allem seine Familiensituation eine Rolle, ein Freund und einflussreiche Leute von einer Organisation, für die er dann arbeitet.

Beleuchtet werden außerdem die Arbeitsweisen europäischer Geheimdienste der Länder Italien, Türkei, der damaligen Sowjetunion, der DDR und den USA. Irgendwie haben alle ihre Finger darin und verfolgen eigene Ziele, die darin münden, den Papst beiseite zu schaffen.

Aufgezeigt werden dabei verschiedene Personen mit ihren Biografien, Unregelmäßigkeiten, Verfehlungen, die von den Geheimdiensten ausgenutzt werden, um sie zu manipulieren und zu ihren Zwecken auszubilden und einzusetzen.

Das Buch ist kein Krimi, auch wenn er durch das Verhör des italienischen Kommissars kriminalistische Züge hat. Im Vordergrund aber steht die authentische Szenerie verschiedener Organisationen, wo jeder versucht, seine eigenen Ziele durchzusetzen, mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung steht bis hin zur Liquidierung unliebsamer Personen, selbst wenn es sich dabei um Leute aus den eigenen Reihen handelt um das große Vorhaben zu vertuschen.

Der Autor setzt zur Umsetzung seines Romans erworbenes Hintergrundwissen ein, was zu einem spannenden Politthriller führt und in eine fließende Story mündet.

Christopher Grünert aus Gristede-Wiefelstede

... einer der spannendsten Thriller mit realem Hintergrund unserer Zeit.
Dennoch eine Zitrone: Das Cover vermittelt den Eindruck, dass es sich um die 247-zigste Vita des Karol Wojtila handelt. Dies ist nicht der Fall. Vielmehr ist George Tenner, einem ausgezeichneten Kenner der Geheimdienste in Ost und West, eine atemberaubende Darstellung der Hintergründe des Anschlages auf Johannes-Paul II. gelungen. Der extreme Druck, unter dem sowohl die Jäger des Mörders stehen, als auch die Aktivitäten der östlichen Geheimdienste, die es auf das Leben des Papstes abgesehen haben, lassen den Leser keine Sekunde zur Ruhe kommen.

Kurz: Spannend, povozierend, schillernd und sexy.

edogawa (krimi around the world)

07. April 2006

Petersplatz, also Rom, der Papst (am Cover), also im Bereich der Kirche angesiedelt, Komplott, also Verschwörung.

Ausgehend vom Papst-Attentat 1981 in Rom entwickelt George Tenner eine brisante und rasante Geschichte, eine politische Geschichte, verwoben mit Fanatismus und Terror, Geheimdienst und Gewerkschaft, Kommunismus, linken und rechte Parteien.

Ein europäischer Roman, nicht nur aufgrund der Schauplätze - Italien, Türkei, Russland, Deutschland -, sondern auch aufgrund der Einbettung in die europäische Geschichte von 1980 bis heute, die stark geprägt ist von den Veränderungen in den kommunistischen Ländern mit Auswirkungen auf die ganze Welt.

Der Roman beginnt mit der Schilderung der Vorbereitung und Durchführung des Attentates auf den Papst 1981 in Rom. Im Zuge der Einvernahme des daraufhin arretierten Attentäters lernt der Leser in Rückblicken das Leben und den Werdegang des aus einfachsten Verhältnissen stammenden Anatoliers kennen, der vom kleinen Handlanger zu einem bezahlten Killer wird. Er ist ein Werkzeug, dessen sich die anderen bedienen, er ist Soldat, er führt Befehle aus, woher sie auch kommen mögen.

Ein packender Roman, der besonders in den authentischen Dialogen seine sprachliche Qualität voll auspielt.

Besonders erwähnenswert die detailgetreuen Beschreibungen von Schauplätzen, Sitten und Lebensarten. Die Schilderungen der türkischen Städte und des türkischen Lebens waren so fesselnd, dass man sich wähnte, bereits selbst dort gewesen zu sein.

Nichts für Cosy-Krimi-Fans, dafür umso mehr zu empfehlen für Fans poltischer Verschwörungen.