Dagmar Hartmann aus Berlin

23. Februar 2008

In

AUSGEFLIPPT oder GANZE FAMILIE SCHWER IN ORDNUNG

geht es um die Verarbeitung von Alltagssituationen, wie sie sicher schon jeder einmal erlebt hat. Dabei kommt der Humor nicht zu kurz und an so manchen Stellen musste ich schmunzeln oder auch herzhaft lachen, bis mir die Tränen kamen.
Einige Episoden erinnerten mich dabei sogar an mich selbst, nicht nur vom Thema her, sondern haben mich an meine eigenen Schwächen, Erlebnisse, Erfahrungen oder auch ähnliche Situationen denken lassen.

Die 25 Kurzgeschichten sind in 175 Seiten verpackt, die sich nur so weg lesen, denn die Art und Weise der Darstellung ist so lebensecht, als würde man die Situation gerade selbst erleben. Gerade weil alles aus dem Alltagsleben gegriffen ist, wirkt jedes Wort authentisch. Die Umsetzung der Situationen wird vom Leser mit erlebt, so wie eine Situation stattgefunden hat, mit Dialogen, Zweifel, Erfolgen oder auch Missgeschicken, Denkweisen. Dabei hat der Autor keine Hemmung mit seiner Selbstdarstellung, handelt es sich doch dabei um seine eigene Familie, die er da auf die Schippe nimmt mit seinen Unzulänglichkeiten des Alltags, die sich dabei anbieten.

Aber genug der Vorrede. Ich möchte jetzt auf einzelne Geschichten eingehen:
Wenn es darum geht, mögliche Ärgerlichkeiten mit neu gebauten Häusern, der Wohnungseinrichtung oder dem eigenen Umzug zu haben, da gehen sicher bei manchen Leuten die Hände hoch.

Allein die Anschaffung und Wirkungsweise eines Computers kann einem dabei schon zur Weißglut bringen, wenn das Teil nicht das macht, was es soll. In Syntax-Error-Syndrom könnt ihr nachvollziehen, welche Möglichkeiten zum Haare raufen es dabei gibt. Ich musste dabei daran denken, wie wir 1994 angefangen haben und vor dem Ding gestanden haben, um zu begreifen, wie er funktioniert. Ich hatte damals ebenso keine Ahnung und dachte - analog wie ein Programm bei einer Waschmaschine - das muss irgendwie alleine gehen. Aber ich stand genauso davor und hab Experimente gemacht, wie die Familie im Buch.

Oder welche Varianten es gibt, das Fernsehprogramm richtig einzustellen, wenn man einen neuen Fernseher hat. Und was passiert, wenn in einem Neubau ständig die Heizung ausfällt und weit und breit kein Handwerker in der Nähe ist? Die Lösung ist verblüffend, aber vorher beschreibt der Autor, was er alles anstellt, um nicht nur mit Decken im Haus sitzen zu müssen. Ein anderer Nachbar, der das gleiche Problem hat, gibt dabei wertvolle Tipps.

Nachbarschaftshilfe kann aber auch ganz anders aussehen. Ich denke, sture und konservative Nachbarn kennt jeder. Was tut man also, wenn der Weg beim Umzug und Hereintragen der Möbeln Unliebsamkeiten verursacht und der Nachbar nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen? Eine geniale Idee, damit umzugehen und seitdem gute Nachbarschaft zu pflegen, findet sich im Buch.

Auch seine Ehe samt Sohn bekommt ein Großteil der Episoden ab. Dabei spielt das Schnarchen des Ehemanns eine Rolle, die Ordnungsliebe der Frau sowie die Jugendlichkeit des Sohnes, der natürlich ab und zu mal aus der Erziehungsrolle fällt. Doch jede Situation wird gelöst und ich habe mich an mancher Stelle wieder gefunden und vor mich hin geschmunzelt.

Als Nicht-Fahrerlaubnis-Besitzer fand ich die Geschichte über die Frauen und das Autofahren reichlich interessant. Es hat mich dabei bestärkt, dabei zu bleiben und das Auto als Beifahrer weiter zu nutzen. Zusammen sind wir so ein starkes Team, die Rollen werde ich eher nicht vertauschen. Im Buch geht das Thema aber andere Wege, das müsst ihr allerdings selber lesen. Amüsieren ist vorprogrammiert, das kann ich euch versprechen.

Und welche Bedeutung hat es, wenn die Ehefrau eine Geliebte duldet? In dieser Geschichte werden zwei vermeintliche weibliche Wesen verglichen, die einen ganz anderen Hintergrund haben. Den habe ich auch erst beim Lesen heraus gefunden, damit die Spannung und der Aha-Effekt nicht verloren geht, werde ich euch das nicht verraten. Die Auflösung sowie der krampfhafte Versuch, etwas passend zu machen, was nicht gehen kann, ist herrlich zu lesen.

Dies sind aber nicht alle Geschichten, die ich jetzt angedeutet habe. Es spielen in dem Buch noch eine Katze mit, ein Gemälde, Tennis, Segeln, der liebe Besuch, Hundewelpen, Stierkämpfe, Definitionen, Forellen, Balkonstühle, Hypochonder, Kleckerhemden, eine Bildungsreise, Punks, die Liebe, und vieles mehr.
Das Buch kann man in der U-Bahn lesen, mal zwischendurch, beim Warten beim Arzt oder Behörden oder auch bei einer gemütlichen Tasse Tee. Es passt immer.
In irgendeiner Geschichte findet sich bestimmt jeder wieder und muss an einigen Stellen schmunzeln. Manche Episoden regen auch zum Nachdenken an oder bietet Lösungen des Alltags, an die man vielleicht vorher nicht gedacht hat.

Die Geschichten sind allesamt lustig zu lesen, die Episoden und Situationen sind authentisch, der Schreibstil fließend, die Dialoge treffend.

Grit Weber aus Berlin

23. April 2009

“AUSGEFLIPPT oder GANZE FAMILIE SCHWER IN ORDNUNG”

Dieser Buchtitel ist Programm, denn die 26 Geschichten aus dem Leben des Autors sind eigentlich ganz alltäglich. So oder so ähnlich können sie sich in jeder Familie zutragen. Parallelen zu sich selbst findet hier jeder Leser. Und das ist es auch, was das Buch so lesenswert und sympathisch macht, da man sich einerseits mit dem Autor verbunden fühlt und andererseits durch die Episoden immer wieder erkennt, daß manche Situation gar nicht so tragisch ist, trägt man gewisse Dinge mit Humor.

Thematisch sind die Geschichten sehr unterschiedlich. Sie sind so bunt, wie das Leben selbst. Das begeistert natürlich; erst recht, weil sie so leidenschaftlich niedergeschrieben sind. So herzerfrischend und lebendig, daß man beim Lesen seine wahre Freude hat.

Viele Geschichten im Buch bringen einen zum Lachen. Oft sind es aber gerade solche, die man selbst so oder ähnlich erlebt hat, man sich aber beim Erleben dieser gar nicht so heiter gefühlt hat. Es wird einem also durch diese Geschichten ein Spiegel vorgehalten, in dem man sich selbst erkennen kann. Das finde ich sehr gut, denn es bestätigt einem, daß man normal ist und es anderen Menschen eben auch nicht anders oder gar besser geht.
Besonders gut hat mir die Geschichte “Die unheimlich-heimlich Geliebte” gefallen. Hier geht es um des Autors neue Geliebte in Form einer Schreibmaschine, die dringend ein neues Farbband braucht. Das Wechseln gestaltet sich aber schwierig, denn die Verkäuferin hat ein falsches Farbband eingepackt. “Frau” weiß, was sie tun würde: das Farbband umtauschen bzw. ein neues kaufen. “Mann” weiß es natürlich besser und bastelt. Bastelt bis das Blut fließt.

Diese Geschichte gefällt mir so besonders gut, da sie männliche Schwächen aufzeigt. Das gefällt Frauen wie mir natürlich. Das bringt mich zum Lachen. Denn es sind Schwächen, die sich „Mann“ nicht eingestehen will, die ihm „Frau“ aber liebenswert macht.
Wunderbar geschrieben ist diese Geschichte, denn zum Anfang mag man wirklich denken, bei dem Austausch der Geliebten handele es sich um Frauen. Die eigentliche Geliebte des Autors ist jedoch unverkennbar seine Frau, die in ihrem Wesen unheimlich sympathisch und liebevoll gewesen sein muß, denn die Liebe des Autors zu seiner Frau schwingt in den Zeilen stets mit. Amüsant wird die Geschichte dadurch, daß der Autor sich hier selbst ein wenig auf die Schippe nimmt, er sich nicht zu fein ist, seine männlichen Wesenszüge zu verbergen. Durchweg köstlich...

Es geht in den weiteren Geschichten aber nicht nur um den Autor selbst. Mal ist sein Sohn die Hauptfigur, dann wieder seine Frau. Im Mittelpunkt stehen familiäre Situationen, Probleme mit dem Computer, das Programmieren des Fernsehers, Begebenheiten mit Nachbarn oder auch Erlebnisse mit Haustieren. Es geht um Metaphern und Hypochonder. Man kann aber auch in diesem Buch nachlesen, daß Zahnweh durchaus dazu führen kann, einmal darüber nachzudenken, was Liebe ist.

Voll witzig ist auch die Geschichte, in der des Autors Frau den Führerschein macht - ebenfalls ein Thema, das jedes Paar kennt, da Männer ja stets behaupten, die besseren Autofahrer zu sein. Tenner zeigt sich gönnerhaft und will mit seiner Frau das Fahren üben. Sie hat natürlich einige hörbare Schwierigkeiten beim Einlegen der Gänge, worauf Tenner zu ihr sagt: “Macht nichts, Schatzi! Schalten ist schließlich kein Geheimnis... Kann ruhig jeder hören!” Ich wäre ja daraufhin ausgestiegen, Tenners Frau war da tapferer.

“Ausgeflippt” oder “Ganze Familie - schwer in Ordnung” bietet dem Leser durchweg ganz alltägliche Geschichten amüsant verpackt, die einen zum Schmunzeln und Lachen bringen. Wunderbar sind sie geschrieben, stets heiter und beschwingt. Deshalb empfehle ich dieses Buch uneingeschränkt jedem, der humorvoll veranlagt ist, der einfach mal die Seele baumeln lassen und sich kurzweilig unterhalten lassen möchte.

Um den Humor des Autors zu unterstreichen beende ich meinen Bericht mit einem kurzen Zitat aus dem Buch:

“In jeder Familie scheint es ein schwarzes Schaf zu geben. In meiner Familie, wie sollte es anders sein, bin ich es.” (George Tenner “Ausgeflippt”)