Thorsten Wirth aus Panketal

07. Juli 2009

Der Legionär und das Mädchen Theres Wilding hat nur einen Wunsch: sie möchte den Mann tot sehen, der sie vor fast 30 Jahren vergewaltigt hat. Die nunmehr erfolgreiche Geschäftsfrau konnte diese schreckliche Tat nie verwinden und sieht sich endlich am Ziel, als sie in dem Serben Dobroslav Nicolic ihren Peiniger aus Jugendtagen erkennt. Sie erkennt, dass sie allein keine Chance haben würde, an diesen schwer bewachten Geschäftsmann, der mit der Yacht Morningstar auf der Insel Usedom weilt, heranzukommen. Also setzt sie einige Hebel in Bewegung und erhält Kontakt zu einem Ex-Legionär, Chevalier Oberst Armand Beauvais, einem Kämpfer mit Irak-Erfahrung. Sein erteilt ihm und seinem Männern den Auftrag, Nicolic und alle an Bord der Yacht befindlichen Personen zu liquidieren. Beauvais kontaktiert einige erfahrene Kameraden und beginnt mit der generalstabsmäßigen Planung der Aktion.

Auch einem jungen muslimischen Pärchen aus Greifswald fällt die Yacht Morningstar bei einem Ausflug ins Auge. Als Aischa Husejnow in dem Schiffseigner Dobroslav Nicolic einen der Schlächter von Srebrenica erkennt, ist sie erschüttert. Einige Tage später treibt die Yacht Morningstar scheinbar führerlos bei Warthe im Achterwasser. Die Mannschaft vom Polizeiboot Damerow stellt mit Entsetzen fest, dass sieben Menschen an Bord auf grausamste Weise gefoltert und ermordet wurden, lediglich der italienische Kapitän überlebte schwerverletzt.

Mit großer Hektik beginnt eine der aufwendigsten Ermittlungen auf der Insel. Die Männer um KHK Lasse Larsson müssen vielen Spuren nachgehen, doch viele verlaufen im Sande. Da erreicht die Behörden eine Nachricht der polnischen Polizei: in Gryfino und Swinoujscie wurden zwei Säuglinge entführt, eine Telefonüberwachung weist auf eine Verbindung zur Yacht Morningstar hin. Gemeinsam mit den Behörden des Nachbarlandes ermittelt Larsson im Dunstkreis des ukrainischen Schiebers und Menschenhändlers Furmanow, der sich zur Zeit auf Usedom aufhalten soll und in geschäftlichen Kontakten zum ermordeten Nicolic stand. Durch eine Zeugenaussage gerät auch Theres Wilding in die Ermittlungen Larssons. Sie war nachts in der Nähe der ankernden Morningstar gesehen worden. Doch es scheint vorerst nicht möglich, ihr eine Verbindung zur Tat nachzuweisen.

Durch mühevolle Kleinarbeit, aufwendige Recherchen und eine Portion Glück gelingt es der Usedomer Polizei nach für nach, das Puzzle um diesen grausamen Massenmord zusammen zu setzen. Was Larsson und sein Team ans Tageslicht bringen, ist die traurige Geschichte eines Mädchens, welches zum Opfer einer menschlichen Bestie wurde und nun selber mit der Schuld einer schweren Straftat leben muß.

Es gelingt George Tenner mit diesem dritten Usedom-Krimi einmal mehr, präzise in seelische Abgründe zu blicken und plastisch die Gefühle und das Denken von Menschen in Extremsituationen zu beschreiben. Das ist neben der präzisen Beschreibung der Örtlichkeiten und der Abläufe der Ermittlungen die Stärke dieses Thrillers, der weit über die Sonneninsel Usedom hinaus reicht und einen ungemein spannenden und erhellenden Einblick gewährt in die Strukturen international agierender Krimineller im Ostsee-Raum. Einmalig genau sind auch die Ausführungen des Autors zur Zusammenarbeit der polnischen und deutschen Sicherheitsorgane im Bereich der organisierten Kriminalität, hier kommt eine der Stärken des ausgewiesenen Journalisten Tenner – exakte Recherche des Themas – zum Tragen. Gleichzeitig entwickelt der Autor auch das private leben seines Serien-Helden weiter. Lasse Larsson wird sich zu seiner Liebe Monika Landris bekennen und muß erfahren, was es heißt, plötzlich Vater zu sein. In der konsequenten, psychologisch gut durchdachten persönlichen Entwicklung der Hauptfigur liegt eine weitere Stärke dieser Roman-Reihe um einen mutigen, aufrichtigen und menschlichen Polizisten mit seinen kleinen Schwächen. Das liest sich immer spannend, meist sehr erhellend und regt zum Nachdenken über so manche Zustände bei uns und in der Welt an Tenner schreibt präzise, prägnant und mit der menschlichen Wärme, die angesichts solch kaltblütiger Verbrechen nötig ist.

Das ist viel mehr, als man von einem Regionalkrimi erwarten kann. Man kann nur wünschen, dass dem Autor, der seinen 70. Geburtstag in diesem Jahr beging, noch viele ähnlich gute Bücher gelingen!

Dagmar Hartmann aus Berlin


07. Mai 2009

In den letzten Tagen habe ich einen interessanten Kriminalroman gelesen, der mich sowohl auf Grund des Falles als solches wie auch der Vielzahl der gestreiften Themen in aktueller politischer Hinsicht gefesselt hat:

„Insel der tausend Puppen“

Dieser Roman berichtet über den 3. Fall von Kriminalhauptkommissar Lasse Larsson, der auf der Insel Usedom mit seinen Kollegen ermittelt.

Bevor es zum eigentlichen Kriminalfall kommt, den es aufzuklären gilt, gibt es einige Schauplätze, die mit dem drohenden Verbrechen verbunden sind und mich als Leser zunächst in verschiedene Richtungen lenken und in mehrere Thematiken einführen.

Da geht es um geplante Kindesentführungen, die sich auf niedrigstem Niveau bewegen und sogar Babys mit einschließen, nur deshalb, damit sich eine bestimmte Gruppe Männer so richtig ausleben kann.

Weiterhin ist von einer Elitetruppe die Rede, die einen heiklen Auftrag übernehmen soll und dafür einzelne Personen aus der ganzen Welt ausgewählt werden. Über die Vorbereitung dieses Manövers, die Hintergründe wie auch die Kriterien für die Auswahl der Männer gibt es im Buch erklärende Abhandlungen, damit man sich darauf einstellen kann, um was für besondere Aufgaben es sich dabei handelt, um die Mission zu erfüllen. Teilweise stammen diese Leute aus der französischen Fremdenlegion. Alle Personen werden vorgestellt und ihre besonderen Fähigkeiten hervorgehoben.

Ein Studentenpärchen, das sich persönlich näher kommen will und es dann doch nicht schafft, geht am Strand spazieren und wird dort mit einer anderen grausamen Vergangenheit konfrontiert. Sie verstehen sich gut und dennoch fängt das Mädchen an zu weinen.

Die Yacht „Morningstar“ wird durch die Wasserschutzpolizei dabei beobachtet, von Hafen zu Hafen innerhalb des Peenestromes zu pendeln, jedoch wird dabei von den Kollegen festgestellt, dass sie diesen aber niemals vorhat, zu verlassen. Das kommt ihnen merkwürdig vor.

Ebenso geht es um die Rache einer Frau, die sich wünscht, auf Grund eines Ereignisses in ihrer Vergangenheit einem Mann ein für allemal das Handwerk zu legen. Diese erschrak, als sie in einem Restaurant eine Person von früher erkannte.Sie beobachtet die Yacht und wird dabei ebenfalls gesehen.

Verschiedene Gruppen von Personen werden in ihrer vorbereitenden Aktivität beleuchtet und ich frage mich mit der Zeit immer mehr, wo das hindriften wird – wer WAS im Schilde führt und welches Verbrechen zu den oben angedeuteten dann im Vordergrund der Ermittlungen stehen wird.

Auch Waffen, Drogen und Schmuggel werden mit angeführt, bestimmte Fähigkeiten hervorgehoben, die wohl gebraucht werden im Verlaufe des Buches. Geld spielt ebenso eine Rolle, das bald seinen Besitzer wechseln soll.

Während dessen erlaubt sich der Kriminalkommissar einen Urlaub, der mit seiner Kollegin zum Schauplatz des Krimis „Das Lächeln der Mona Lisa“ reist, mit ihr die Gemäldegalerie in Dresden besucht und sich nach seinen schweren Fällen verdient eine Erholung gönnt.

Kaum ist er wieder auf die Insel Usedom zurückgekehrt, kommt es zu einer Havarie eines Schubverbandes mit einer Brücke, die das Bindeglied vom Festland zur Insel bildet. Dies sollte aber erst der Anfang der bevorstehenden Katastrophe sein.

Genau an dieser Stelle beginnen nun die Ermittlungen der Polizei.

Fast zeitgleich wird nun die Yacht entdeckt, die aber nun treibend im Achterwasser liegt und auf der keine sich bewegenden Menschen mehr auszumachen sind, gefunden. Es stellt sich heraus, das eine Gruppe von feiernden Leuten, in der Nacht regelrecht abgeschlachtet worden waren. Abgetrennte Arme und Kopf, ein durchlöcherter Rücken einer Frau, nackte tote Mädchen, ein verletzter Kapitän werden dort im Salon aufgefunden. Das reinste Blutbad – und Waffen sowie die Kettensäge als Tatwerkzeuge sind nicht zu sehen.

Zur gleichen Zeit wurden auch zwei Säuglinge vermisst, die offensichtlich entführt worden waren. Auf der Yacht werden diese gemeinsam mit zwei jungen Mädchen in einer der Kabinen gefunden. Außerdem entdeckte die Spurensicherung auch Heroin auf dem Schiff. Aber der Tatort und die Funde ergeben für die Polizisten an dieser Stelle noch keinen Sinn, sie tappen im Dunkeln.

Die Fragen sind nun: Was war in der Nacht passiert, welches Motiv gab es, wer hat dieses Blutbad angerichtet und wo waren die Täter? Auch Tatwerkzeuge können nicht gesichtet werden, die Rückschlüsse auf Spuren geben könnten.

Beleuchtet werden nun die Unterschiede der benutzten Waffen, in dem Moment vergleicht der Autor verschiedene Waffensysteme miteinander, die in der Welt zum Einsatz kommen, zumal es sich um ausländische Waffen handelt.

Ebenso könnten Banden oder Piraten dahinter stecken. Oder geht es hier eher um Menschenhandel oder auch um Drogengeschäfte? Wollte der Kunde nicht zahlen, weil er mit der Ware nicht zufrieden war? Gab es vielleicht Konkurrenten untereinander, haben sich die verschiedenen Organisationen gegenseitig ausgelöscht?

Im Laufe der Ermittlungen kommt die Forensik mit Maden zum Einsatz, um den genauen Todeszeitpunkt zu ermitteln. Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass die Yacht „Morningstar“ vorher einen anderen Namen hatte und von Ausländern verkauft wurde. Der Zweck der jetzigen Vergnügungsyacht war damals ein politischer Hintergrund, der somit ausgelöscht werden sollte.

Eine Scheinfirma wurde aufgedeckt, ebenso ein falscher Name einer männlichen Person und was hat diese zu verstecken? Und welche Rolle spielt die Frau, die die Yacht am Vorabend des Verbrechens beobachtet hat und warum hat sie das getan? Wer ist die Frau – hat sie vielleicht etwas damit zu tun?

Jugendliche haben beim Zelten einige Beobachtungen gemacht, die durch Zufall entdeckt werden. Denn an die Presse sind Fotos gegangen, die ein Laie mit seinem Handy geschossen hat…… ist dort ein Zeuge für die Täter zu finden? Auch diese Spur gilt es zu verfolgen.

Natürlich werde ich an dieser Stelle nicht der oder die Täter verraten, ebenso wenig wie das Motiv. Nur eines möchte ich sagen:

Es ist nicht so, wie es zunächst scheint. Die Auflösung des Falles ist plausibel und logisch, aber auf Grund der Vielschichtigkeit der Geschichte und politischen Dingen, die mit hineinspielen, lenken verschiedene Thematiken und Personen mich als Leser zunächst auf die falsche Fährte, um die Täter zu ermitteln.

In sich ist der Fall schlüssig und nachvollziehbar. Und so schlimm das Verbrechen, das auf der Yacht stattgefunden hat, ist, - man kann die Täter verstehen und ihre Sühne auf die Vergangenheit. Das nachvollziehen zu können, muss man das Buch natürlich lesen und selbstverständlich werden sie am Ende auch ihrer gerechten Strafe zugeführt.

Der Autor setzt viel Hintergrundwissen an, um die verschiedenen Thematiken, die im Buch auf Grund der Story auftauchen und während der Ermittlungen gebraucht werden, gezielt an den Leser zu bringen.

So ist es möglich, viele politische Dinge zu verstehen, die zum Beispiel die Schiffspiraterie nicht nur in Somalia, Bandenkriege, Autoschiebereien, Kinderhandel, Drogengeschäfte, Waffenkunde, Rechtsmedizin, kriminalbiologische Forensik, falsche Identitäten, Betrügereien, verschiedene Gemeindienste der Welt und ihre Verstrickungen zu anderen Ländern beinhalten.

Auch Freizeitgebiete, wie zum Beispiel, Kunst, gutes Essen, Segelkunde und Modelle, Psychologie, die Fischerei u.a. kommen nicht zu kurz. Auch Zeitungsartikel, Emails, Briefe kommen innerhalb des Buches zur Anwendung, um die Geschichte interessant und lebendig zu halten.

Die Dialoge während der Ermittlungen mit den Verdächtigen werden geschickt mit den Erklärungen der Themen abgestimmt, so dass sich ein flüssiges Gespräch ergibt, das sich nicht nur auf die Frage-Antwort bzw. Katz-und-Maus-Schiene erstreckt, sondern so, dass der eventuelle Täter ernst genommen wird und in einem sympathischen Licht erscheint oder sich dabei selbst verraten muss.
Das Buch endet nicht mit der klassischen Verhaftung des Täters, der bis dahin ermittelt wurde, sondern mit der Auflösung einer Geschichte, die somit nicht abrupt beendet, sondern eher erzählt wird. So gesehen ist es kein Action-Thriller, sondern ein ausgeklügeltes Buch mit einem Kriminalfall und einem Hintergrund, der es nicht nur einmal in sich hat.

Im Buch wird einmal die Arbeit der Kriminalisten als „Feldzug gegen die Unterwelt“ bezeichnet.

Von der Arbeitsweise her erweist sich Lasse Larsson als ein Ermittler, der seine Kollegen schätzt und jeden genau an die Stelle setzt, wo er am besten einsetzbar ist. Manchmal ist es wichtig, eine Frau eine verdächtige weibliche Person zu verhören. Ebenso wird es notwendig, einen jungen Kollegen an eine grausame Stätte zu führen, um ihn auch mit einem unappetitlichen Tatort vertraut zu machen. Dabei wirkt im ersten Moment der Kommissar etwas zu hart, um sich jedoch gleich im Anschluss daran um ihn zu kümmern.

Gleichzeitig hat Lasse Larsson die Möglichkeit, seine uneheliche Tochter nach 22 Jahren kennen zu lernen, da ihre Mutter auf dem Sterbebett den Namen des Vaters genannt hat. Privat hat sich der Kriminalhauptkommissar für Monika entschieden, die ihr als Schutzpolizistin auch mit bei seinen Ermittlungen hilft.

Aufgefallen ist mir weiterhin in der Schreibweise des Autors, dass er manchmal in Rätseln die Leute, die als mögliche Täter mit involviert sind, zunächst als ‚“der Mann“ oder „die Frau“ beschreibt, einige Erklärungen zur Person macht, um dann später den Namen zu nennen, den der oder diejenige trägt. Der Leser wird also immer zum Mitdenken und aufmerksamen Lesen animiert.

An keiner Stelle ist das Buch langweilig, im Gegenteil. Manchmal muss man sich eine Vielzahl an Informationen merken, die zum besseren Verständnis von Themen beitragen oder auch an anderer Stelle wieder gebraucht werden. Jeder einzelne Satz wird gezielt zum Einsatz gebracht, um die Handlung schlüssig werden zu lassen.

Wer schon einmal ein anderes oder mehrere Bücher des Autors gelesen hat, der wird gewisse Dinge feststellen, die etwas zur Hauptfigur des Lasse Larsson aussagen, zum Beispiel mag er gepflegtes Essen und Kunst sowie klassische Musik. Ebenso hat er Schwierigkeiten, sich bei einer Partnerschaft festzulegen und besitzt auch Schwächen, die ihn menschlich erscheinen lassen und keineswegs einen Kriminalisten verkörpern, der unfehlbar ist.

Insgesamt hat der Autor einmal mehr bewiesen, in der Lage zu sein, brisante politische Themen, die uns bewegen, in einem Krimi wie ein Virtuose einzufügen und sie in eine spannende Ermittlung eines grauenvollen Verbrechens einzubetten.

Es ist ein anspruchsvoller Kriminalroman, der einiges politisches Hintergrundwissen erfordert, jedoch kann man auf Grund der ausführlichen Beschreibung einzelner Thematiken einiges dazu lernen und nachvollziehen, was erklärt wird. Außerdem trägt die Erzählweise in den Verhören oder Dialogen auch dazu bei, den Kollegen bei ihren Ermittlungen zu folgen. Der Leser fungiert dabei sozusagen als verstehender Beobachter bei der Aufklärung des Falls.

Bei der Beschreibung der Schauplätze kann man gerne den Atlas zur Hand nehmen und die Orte abfahren, in denen die Kommissare ermitteln, sich Täter und andere Personen bewegen oder auch die Schiffe fahren, denn sie sind authentisch. Ob es den Fall so jemals gegeben hat, das weiß nur der Autor selbst. Erschreckend wäre es zumindest und auf Grund der gegenwärtigen globalen politisch aktuellen Lage auch gar nicht so abwegig.

Das aktuelle Buch wie auch die anderen schon aufgelegten Romane gibt es konstant zu einem Preis von 12,80 Euro zu kaufen. Die Geschichte habe ich natürlich nicht vollständig erzählt, ihr sollt ja auch die Einzelheiten selber lesen...

Grit Weber aus Berlin

18. Mai 2009

Theres Wilding wurde als junges Mädchen brutal mißbraucht. Nach knapp 30 Jahren trifft sie ihren Peinger rein zufällig wieder. Was ihr Dobroslav Nicolic, genannt „Der Schlächter von Srebrenica“, damals angetan hat, konnte Theres nie vergessen. Noch heute leidet sie unter diesem traumatischen Ereignis. Und nun will sie Rache! Deshalb kontaktiert sie ehemalige Fremdenlegionäre, die ihr bei ihrem Vorhaben behilflich sein sollen…

Beginnen die meisten Kriminalromane üblicher Weise mit dem Fund einer Leiche und dem umgehenden Erscheinen der ermittelnden Polizisten / Detectivs, so darf der Leser in „Insel der tausend Puppen“ an der Organisation eines Mordes bzw. Mordkomplotts teilhaben. Das ist mal ein ganz besonderer Einstieg, wird man doch umgehend mit dem Mordmotiv konfrontiert, welches es sonst eigentlich erst im Verlauf des Romans zu ermitteln gilt. Während man auf der einen Seite in die Thematik der Fremdenlegion eingeführt wird, erfährt man auf der anderen Seite von aktuell geplanten Kindesentführungen im Auftrag des zukünftigen Mordopfers. Man hat also von vornherein eigentlich kein Mitleid mit Nicolic, vielmehr sympathisiert man mit Theres, da man ihre Rachegelüste gegenüber dieser menschlichen Bestie sehr gut nachvollziehen kann.
Diese breit angelegte Einleitung macht dem Leser deutlich, daß die Globalisierung mehrere Gesichter hat, denn sie öffnet auch dem organisierten Verbrechen Tor und Tür. Ungehindert – so hat man den Eindruck – werden schwere Kapitalverbrechen begangen, vor denen man sich kaum schützen kann. Andererseits jedoch klappt es mit der Zusammenarbeit der Behörden zwischen den Ländern nicht so gut. Lasse Larsson jedoch ist auf die Zusammenarbeit der polnischen Polizei angewiesen. Sie aber umgekehrt auch, denn immerhin sind es polnische Babys, die in Nicolics Auftrag entführt wurden, der sich mit seiner Yacht „Morningstar“ in deutschen Gewässern befindet.

Hauptkommissar Lasse Larsson und sein Team, die an Bord dieser Yacht mehrere Leichen vorfinden, haben einen sehr schwierigen und äußerst verzwickten Fall zu lösen. Für den Leser, der ja im Vorfeld bereits mit Opfer und Motiv vertraut gemacht wurde, ist es nun besonders interessant, die Polizeiarbeit mitzuverfolgen. Akribisch ermittelte Fakten werden aneinandergefügt, logische Schlußfolgerungen werden daraus gezogen, so daß weitere Ermittlungsschritte geplant werden können. Mühsam, aber jederzeit interessant ist diese Arbeit, die nur langsam, aber doch stetig zur Lösung des Falles führt.

Allerdings fragt man sich wegen der geschilderten Vorgeschichte immer wieder, ob man das eigentlich will. Sicherlich berührt einen das Schicksal der entführten Säuglinge sehr und man will sie in Sicherheit wissen, doch will man wirklich, daß der Mörder von Nicolic gefaßt wird? - Unweigerlich wird man in einen zwiespältigen Sog gezogen, der einen über Selbstjustiz nachdenken läßt, da den Behörden Dank der scheinbar unüberwindbaren Hürden der Bürokratie viel zu oft die Hände gebunden sind, um Verbrecher dingfest zu machen.

Larsson ist in dieser Hinsicht ein kleiner Vorreiter, denn er wird Hürden überwinden, um den Fall zum Abschluß zu bringen. Doch ganz so einfach soll die Aufklärung dann doch nicht sein, denn was Mordmotiv und Täter betrifft, erwartet den Leser ungeahnter Weise dann doch noch eine große Überraschung…

Man kann nicht behaupten, daß sich das Buch leicht und locker lesen läßt und einen angenehm spannend unterhält. Dafür ist es zu gehaltvoll. Es ist vollgepackt mit politischen Fakten, die bis ins kleinste Detail recherchiert wurden. Man wird mit den Gräueltaten während des serbischen Krieges konfrontiert, was man stellenweise nur schwer verarbeiten kann. Ebenso wird der Völkermord an den Armeniern durch die Türken in den Jahren 1915-1917 erwähnt und nachgefragt, weshalb dies heute kaum noch einer weiß. Doch auch Kindstötungen und Polizistenmorde, begangen in jüngster Vergangenheit in Deutschland, werden thematisiert. Zugleich wird die steigende Arbeitslosigkeit in Zusammenhang mit der rechtsextremen Entwicklung gebracht, der die Politiker angeblich machtlos gegenüberstehen. Warum? Dazu ein Zitat (Seite 9):

„Weil zu wenig Politiker ihrer Arbeit aus Berufung nachgehen. Außer dem Teil derer, die ins Parlament gewählt werden, aber total unfähig sind, ist die größte Zahl nur damit beschäftigt, ihr Privatvermögen zu sichern. Manche haben zwei oder drei Nebeneinkommen aus der Industrie, deren Lobbyisten sie sind und die das Einkommen, das sie als Parlamentarier beziehen, weit übersteigen.“

Diese Zeilen belegen, wie kritisch sich der Autor mit politischen Themen auseinandersetzt, denn derartige Ausführungen gibt es in diesem Buch immer wieder. Geschickt baut Tenner sein journalistisches Fachwissen in den Roman mit ein und verknüpft das aktuelle Geschehen bezogen auf den fiktiven Kriminalfall gekonnt mit geschichtlichen Fakten. Das macht dieses Buch unheimlich anspruchsvoll, denn es ist nicht nur einfach ein Krimi, sondern gleichzeitig auch eine sehr lehrreiche Lektüre, die einem Herz und Augen zu öffnen vermag.

Spannende Unterhaltung kommt jedoch keineswegs zu kurz, denn immerhin geht es ja um Lasse Larsson und sein Team. Ich mag Lasse unheimlich gern. Besonders gefällt mir an dieser Figur, daß er zwar der Romanheld, aber kein menschlicher Überflieger oder Alleingänger ist. Er ist auf sein gut organisiertes Team angewiesen und weiß dieses korrekt zu führen. Der Einblick in sein Privatleben, macht ihn für den Leser menschlicher und greifbarer und dadurch unheimlich sympathisch. In „Insel der tausend Puppen“ erwartet Larsson privat eine ganz besonders pikante Überraschung. Damit verbunden wächst natürlich die Hoffnung auf einen 4. Fall, den er auf Usedom zu lösen hat, denn nach drei Romanen hat man sich schon sehr mit ihm angefreundet und ist somit natürlich auch an seinem Privatleben interessiert.

Doch vorerst gibt es für seinen 3. Fall eine uneingeschränkte Leseempfehlung…